Protestbrief


Hier mein Protestbrief vom März 2004:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie ich heute erfahren habe, soll die Produktion der Jugendserie "fabrixx" demnächst eingestellt werden. Ich möchte dieser Entscheidung widersprechen und halte sie für unangemessen und falsch.

Ich weiß natürlich nicht, welche Gründe es für die ARD, den SWR und andere beteiligte Institutionen gibt, die Serie einstellen zu wollen, aber sie können nicht darüber hinwegtäuschen, daß fabrixx eine Ausnahmestellung im deutschen Fernsehangebot für Kinder und Jugendliche einnimmt und daher unersetzlich ist.

Anders als andere ARD-Serien mit ähnlichem Zielpublikum (Schloß Einstein, Pfefferkörner - Produktion bereits eingestellt, Kinder vom Alstertal - Produktion vermutlich auch bereits eingestellt) bildet fabrixx eine Welt ab, in der Jugendliche in der dargestellten Altersgruppe tatsächlich leben. fabrixx ist - ganz im Gegensatz zur "Kinder-Detektivserie" Pfefferkörner oder zur manchmal sehr naiven und zutiefst unrealistischen "GymnasiastInnen-Internats-Soap" Schloß Einstein - eine Serie über ganz normale Kinder und Jugendliche. Dies spiegelt sich in den aufgenommenen und sensibel behandelten Themen und Konflikten, in der Sprache, und in den nicht immer glatten Lösungsansätzen, in der gesamten Machart der Serie wieder. fabrixx liefert somit ein realistisches Gegenüber, sowohl zu Produktionen wie "Marienhof" oder "Verbotene Liebe" - billig (man hat zumindest den Eindruck) und schlecht produzierte Serien, die den Jugendlichen vermitteln, daß das Leben ein Gemisch aus Sexualität, Drogen, Untreue und Intrigen ist - als auch zu Importware wie "Lizzie McGuire" oder auch "The Tribe", die in anderen Ländern und/oder komplett künstlichen Szenarien stattfinden.

Vom Kinderprogramm eines öffentlich-rechtlichen Senders, der durch die von mir gezahlten Rundfunkgebühren finanziert wird, erwarte ich neben bloßer Unterhaltung auch, daß wertebildende und das soziales Verhalten fördernde Produktionen angeboten werden. fabrixx hat diese Ansprüche bisher vorbildlich befriedigt; mit der Einstellung der Serie würde das Niveau in Deutschland produzierter Unterhaltung für Kinder und Jugendliche um Jahre zurückfallen und die heutige Jugend wieder allein us-amerikanischen Friede-Freude-Eierkuchen-Produktionen wie Lizzie McGuire und niveaulosen Sendungen auf Privatfunkniveau wie Verbotene Liebe ausgeliefert.

Im deutschen Fernsehen gibt es insgesamt nur wenige sorgfältig produzierte Serien und Filme, eine durchaus rühmliche Ausnahme bilden hier die Eigenproduktionen der öffentlich-rechtlichen Sender für Kinder und Jugendliche, und fabrixx hebt sich in diesem Zusammenhang noch besonders von der lieblos-mechanischen Produktionsweise der US-Importprodukte und ihrer deutschen Klone ab. Die Qualität dieser Produktion erinnert mehr an Serien, die ich in meiner Kindheit in den 80ern gesehen habe, die meistens vom wdr mit dem tschechischen Fernsehen oder in internationalen Co-Produktionen von ARD oder ZDF gemeinsam mit französischen, britischen, kanadischen und/oder australischen Sendern und Produktionsfirmen hergestellt wurden.

Noch eine Anmerkung zu den Quoten (wenn man denn daran glauben möchte, daß sie überhaupt irgendetwas repräsentieren außer den paar Leuten, deren Fernsehverhalten tatsächlich erhoben wird): Die ARD hat seit Jahren darauf beharrt, fabrixx zu einem absolut ungünstigen Zeitpunkt im Programm zu plazieren. Vor einer Einstellung hätte zumindest über einen längeren Zeitraum ein anderer Programmplatz (vgl. Schloß Einstein samstags 18.00 Uhr mit Wiederholung sonntags 10.25 Uhr) ausprobiert werden sollen. Der ungeeignete Programmplatz verlor noch zusätzlich dadurch an Attraktivität, daß die ARD die Serie gerne und oft zugunsten von Sportübertragungen ausfallen ließ. Eine öffentlich-rechtliche Anstalt ist überdies vorrangig ihrem Bildungsauftrag (hierzu gehört auch die Wertebildung bei Jugendlichen) verpflichtet, nicht dem aufgrund von Quoten angenommenen "Erfolg".

Zuletzt hat die ARD die Produktionsfirma Maran Film dazu veranlaßt, das Konzept der Serie dahingehend zu verändern, d.h. in dem Fall zu verschlechtern, daß sich die Serie nun um jüngere Kinder dreht. Zur Belohnung für diesen Gewaltakt wird die Serie nun eingestellt - kein guter Stil.

All das bringt mich zu dem Schluß, daß hier bei Ihnen eine gravierende Fehlentscheidung getroffen wurde. Mir ist selbstverständlich klar, daß auch die ARD wie alle Institutionen in Deutschland sparen müssen, doch hier gibt es sicher aufwendigere Produktionen, an denen gespart, und überflüssigere, auf die ganz verzichtet werden könnte. (Eine sehr lange Liste von Vorschlägen kann ich Ihnen auf Wunsch gerne zuschicken.) Bitte überdenken Sie Ihre falsche Entscheidung und revidieren Sie sie bevor es zu spät ist und die Produktion von fabrixx eingestellt wurde.

Mit freundlichen Grüßen,
Georg Litty, Ev. Theologe
Klemsenstraße 6
72070 Unterjesingen

... und hier die Antwort der ARD (SWR und kika haben sich gar nicht erst die Mühe gemacht, die Mail zu beantworten):

From Sabine.Knott(at)DasErste.de
Date: Wed, 31 Mar 2004 12:56:18 +0200
From: ARD Knott Sabine <Sabine.Knott(at)DasErste.de>
To: Georg Litty <georg.litty(at)student.uni-tuebingen.de>
Subject: AW: Einstellung der Produktion der Serie "fabrixx"
Sehr geehrter Herr Litty,

vielen Dank für Ihre e-mail und für Ihr Interesse am Ersten Deutschen Fernsehen. Wir bedauern Ihre Kritik an unserer Entscheidung, "Fabrixx" nicht auf Dauer fortzusetzen.

Die zuständige Redaktion hat beschlossen, die Serie "Fabrixx" auslaufen zu lassen. Die Dreharbeiten werden im Juli eingestellt. Sie können sich jedoch noch bis November 2005 auf neue Folgen freuen.
Diese Entscheidung hat dramaturgische Gründe: Das Thema Jugendclub ist aus Sicht der Redaktion ausgereizt.
"Fabrixx" ist dennoch eine Erfolgsgeschichte: Die Kinderserie wurde über fünf Jahre lang produziert und ausgestrahlt.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Knott
ARD-Zuschauerredaktion
Erstes Deutsches Fernsehen
Tel. 089/5900-3344
Fax 089/5900-4070
e-mail: info(at)DasErste.de
http://www.DasErste.de

Wer jetzt nochmal Bock hat, sich bei den zuständigen Stellen zu beschweren (nützen kann das allerdings nichts mehr, da das Studio nicht mehr existiert), kann dafür folgende Kontaktmöglichkeiten nutzen:

Die Adressen im Web:
ARD: http://daserste.de/service/mailform.asp
kika: http://kika.de/_organisation/mail/index.shtml
SWR: http://www.swr.de/kontakt/index.php

oder per Mail:
ARD: info(at)DasErste.de
kika: kika(at)kika.de

oder per Post:
ARD Zuschauerredaktion, Arnulfstr. 42, 80335 München, Telefon: 08959003344, Fax: 08959004070
kika, 99081 Erfurt, Telefon: 01802151514, Fax: 01802151516
SWR, Neckarstraße 230, 70190 Stuttgart, Telefon: 01805929500